Mietminderung
- von Helmut Kammann
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- 24 Apr., 2019
Großbaustelle auf Nachbargrundstück rechtfertigt auch in Großstadt Mietminderung
Dass Lärmbelästigungen durch eine Großbaustelle auch in Großstädten von Mietern nicht hingenommen werden müssen, stellte das Landgericht Hamburg im Dezember 2018 klar. Geht die Lärmbelästigung von einer Baustelle auf dem Nachbargrundstück aus, ist ein betroffener Mieter uneingeschränkt zur Minderung der Miete berechtigt.
Ein Mieter und sein Vermieter stritten sich über die Rechtmäßigkeit einer Mietminderung. Auf dem Nachbargrundstück befand sich an der direkt angrenzenden Hauswand zum Mietshaus des Vermieters über mehrere Monate eine Großbaustelle. Es erfolgte der Abriss des Altbaus und Neuaufbau eines neuen mehrstöckigen Gebäudes. Obwohl die immissionsschutzrechtlichen Grenzwerte und baurechtlichen Vorschriften eingehalten wurden, überschritt der Baulärm die Erheblichkeitsschwelle des § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB. Wegen des Baulärms durch die Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück minderte der Mieter die Miete um 10% bis 15%. Der Vermieter klagte die einbehaltene Miete ein und begründete seine Zahlungsklage damit, dass Lärmbelästigungen durch eine Baustelle in einer Großstadt keinen Mietmangel sondern nur eine unwesentliche Beeinträchtigung darstellen.
Das Landgericht Hamburg entschied den Rechtsstreit zu Gunsten des Vermieters. Eine mehrmonatige Großbaustelle auf einem Nachbargrundstück neben einem bewohnten Mietshaus stellt eine erhebliche Beeinträchtigung dar und berechtigt Mieter zur Mietminderung. Eine Beschaffenheitsvereinbarung, die zum Ausschluss des Minderungsrechts laut Bundesgerichtshof führt (BGH, Urteil v. 29.04.15, Az. VIII ZR 197/14) oder im Wege ergänzender Vertragsauslegung angenommen werden kann, lag nicht vor. Auch in der Großstadt ist mit Baulärm im Gegensatz zu Straßenlärm nicht generell zu rechnen und muss deshalb von Mietern nicht hingenommen werden (LG Hamburg, Urteil v. 21.12.18, Az. 316 S 71/18).
Dr. Tobias Mahlstedt,Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht