Abwasserrohre
- von Helmut Kammann
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- 30 Apr., 2019
Abwasserrohre müssen sofort repariert werden
Dass ein Vermieter sich schadensersatzpflichtig macht, wenn er einen bekannten Schaden an einem Wasserrohr nicht sofort reparieren lässt, entschied das Oberlandesgericht Brandenburg im Februar 2019. Ein Vermieter handelt fahrlässig, wenn er zwar einen Riss an einem Wasserrohr durch eine Fachfirma untersuchen lässt, diesen Riss aber nicht sofort beseitigen lässt. Rechnet dann der Mieter mit seiner Schadensersatzforderung gegenüber einer Geldforderung des Vermieters auf, ist eine Klausel in einem gewerblichen Mietvertrag über einen Aufrechnungsausschluss nach Belieben des Vermieters unwirksam.
Ein Mieter von Gewerberäumen und sein Vermieter stritten sich über Schadensersatzansprüche des Mieters, weil die Büroräume des Mieters durch einen Wassereintritt beschädigt worden waren. Vermieter und Mieter hatten einen Mietvertrag zum Betrieb eines Versicherungsbüros abgeschlossen. Laut Mietvertrag durfte der Mieter gegenüber der Mietforderung des Vermieters weder mit Gegenforderungen aufrechnen, noch ein Mietminderungs- oder Zurückbehaltungsrecht geltend machen. Dies sollte nur dann möglich sein, wenn Forderungen des Mieters vom Vermieter anerkannt oder rechtskräftig festgestellt wurden. Ansprüche des Mieters auf Schadensersatz sollten zudem nur möglich sein, wenn der Vermieter den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat. Als sich ein Wassereintritt in den Büroräumen ereignete, stellte ein vom Vermieter beauftragtes Fachunternehmen einen Riss in einem Leitungsrohr fest. Es ereignete sich noch ein zweiter Rohrbruch, weil der Riss nicht sofort beseitigt wurde. Als der Mieter mit seinem Schadensersatzanspruch gegenüber der Mietforderung des Vermieters auf rechnete, reichte der Vermieter eine Zahlungsklage ein
Ohne Erfolg! Das OLG Brandenburg entschied den Rechtsstreit zu Gunsten des Mieters. Der Mieter konnte mit seinem Schadensersatzanspruch gegenüber der Mietforderung des Vermieters aufrechnen. Nach Ansicht des Gerichts hatte der Vermieter den entstandenen Schaden des Mieters zu vertreten, da nach Feststellung des Risses in dem Rohr dieser nicht unverzüglich beseitigt wurde. Der Mieter war auch nicht gehindert mit seinen Schadensersatzanspruch aufzurechnen. Denn der Aufrechnungsausschluss in dem gewerblichen Mietvertrag verstieß gegen § 307 BGB. Nur Klauseln in Mietverträgen, welche die Aufrechnungsmöglichkeit auf rechtskräftig festgestellte oder unbestrittene Forderungen beschränken, sind zulässig. Klauseln welche die Aufrechnung nur mit solchen Forderungen zulassen, die vom Vermieter anerkannt oder rechtskräftig festgestellt wurden, sind jedoch rechtswidrig und unzulässig. Denn es stellt eine unzumutbare Belastung eines Mieters dar, wenn es im Belieben des Vermieters liegt, dem Mieter die Aufrechnung zu gestatten oder zu versagen. Auch eine Haftungsbeschränkung zu Gunsten eines Vermieters auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ist rechtswidrig. Der Vermieter hatte es schuldhaft versäumt, den festgestellten Riss an der Abwasserleitung zeitnah zu beseitigen. Aus diesem Grund war der Mieter berechtigt wirksam mit seinen Schadensersatzanspruch gegenüber der Mietforderung des Vermieters aufzurechnen (OLG Brandenburg, Urteil v. 19.02.19, Az. 3 U 59/17).
Dr. Tobias Mahlstedt,
Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht